BERLINER ERKLÄRUNG ZUR WOHNUNGS- UND STEUERPOLITIK – AKTUELLE POSITIONEN UND FORDERUNGEN DES GDW-VERBANDSTAGES

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Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen hat vom 21. bis 22. Oktober 2003 seinen Verbandstag in Berlin unter dem Motto "Konzepte für das Ungewisse" durchgeführt. In einer "Berliner Erklärung" haben die Delegierten prinzipielle Positionen und aktuelle Forderungen zur Gestaltung der wohnungs- und steuerpolitischen Rahmenbedingungen formuliert. PositionenDie deutsche Wohnungswirtschaft erklärt sich bereit, konstruktiv an den notwendigen gesellschaftlichen und ökonomischen Reformen mitzuwirken. Sie unterstützt die erforderliche Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und einen Abbau nicht sachgerechter Subventionen. Allerdings: Wo der Staat gesamtgesellschaftliche Ziele erreichen will, z. B. bei der Sicherung des sozialen Wohnens, beim Stadtumbau, der Stadterneuerung oder bei der "Sozialen Stadt", muss sich die öffentliche Hand auch künftig finanziell engagieren. Der Staat muss weiterhin ein Interesse daran haben, dass das im europaweiten Vergleich hohe Qualitätsniveau in der Wohnraumversorgung – bei gleichzeitig relativ günstigen Mieten - gesichert wird. Die Wohnungsunternehmen dürfen daher in ihrer betriebswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeit nicht durch steuerliche Benachteiligungen und besondere administrative Belastungen behindert werden.Der Wohnungsmarkt gehört zu den am stärksten regulierten Märkten in Deutschland. Einige der ursprünglich begründeten Regulierungsmaßnahmen haben heute ihre Berechtigung verloren, andere waren schon immer überflüssig und schädlich. Deshalb muss der Abbau von Subventionen mit einer Deregulierung und Entbürokratisierung verbunden werden, um mehr Markt zuzulassen und der unternehmerischen Eigenverantwortung mehr Raum zu geben. Die Rahmenbedingungen müssen so verändert werden, dass Marktwirtschaft funktioniert und unternehmerisches Handeln nicht durch überflüssige Vorschriften behindert wird. Der GdW wird im Rahmen seiner Initiative "Deregulierung und Bürokratieabbau" detaillierte Vorschläge dazu unterbreiten, z. B. zur Bauabzugssteuer, zum Mietrecht, dem geplanten Anti-Diskriminierungsgesetz, dem Vergaberecht, den Landesbauordnungen, der Zweckentfremdungsverordnung und der Fehlbelegungsabgabe sowie zum Verzicht auf die Verlagerung der Umsatzsteuer-Abführungspflicht für Bau- und Reinigungsleistungen auf die auftragserteilenden Wohnungsunternehmen.Zentrale Forderungen Die in den Mitgliedsverbänden des GdW organisierten Wohnungsgesellschaften, Wohnungsgenossenschaften sowie Sanierungs- und Entwicklungsträger werden weiterhin die wichtigsten Partner der Städte bei der Bewältigung des Stadtumbaus und der Quartiersentwicklung sein. Diese Aufgabe kann nur im Zusammenwirken aller Beteiligten vor Ort gelöst werden. Sowohl die Wohnungsunternehmen als auch die Kommunen müssen dabei auf einer gesunden und soliden wirtschaftlichen Basis agieren. Eine Reform der Gemeindefinanzen ist daher vordringliche Aufgabe der Politik.Der GdW unterstützt die ursprüngliche Position der Bundesregierung, bei der Reform der Gewerbesteuer die Einnahmenseite der Kommunen zu verstetigen, aber auf die Besteuerung ertragsunabhängiger Elemente und damit auf eine Substanzbesteuerung zu verzichten. Die vom Bundestag beschlossene Gewerbesteuerreform führt dagegen generell zu einer solchen Besteuerung von Kosten. In Kombination mit der ebenfalls beschlossenen Mindestbesteuerung entwickelt sich die hälftige Besteuerung von gezahlten Schuldzinsen für die Wohnungswirtschaft zu einer Substanzbesteuerung, die für die Wohnungswirtschaft insbesondere in den neuen Ländern zu einem existenziellen Problem würde.Der Aufbau Ost ist die wichtigste gesamtdeutsche Herausforderung. Er muss durch politische Schwerpunktsetzung in der Förderung der regionalen Wirtschaft, der Wissenschaft und der Infrastruktur weitergeführt werden, damit durch Investitionen und Innovationen zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen. Der Aufbau Ost kann ohne erfolgreiche Bewältigung des Stadtumbaus Ost nicht gelingen. Nur attraktive Städte sind auch attraktive Wirtschaftsstandorte und 2 begehrte Wohnorte. Sie sind für die neuen Länder ein entscheidender Faktor im internationalen Standortwettbewerb.Der Stadtumbau kommt nur schleppend voran. Finanzpolitische Restriktionen und – in deren Folge – politische Lethargie gefährden die Umsetzung der Stadtentwicklungskonzepte in den ostdeutschen Kommunen. Die Entlastung aller leer stehenden abzureißenden Wohnungen von den Altverbindlichkeiten, die Verlängerung der Investitionszulage und die Aussetzung der Grunderwerbsteuer bei Fusionen sowie die Abschaffung des Verbots der Verwertungskündigung sind wichtige Voraussetzungen für das Gelingen des Stadtumbaus Ost.Auch in Westdeutschland zeichnen sich zunehmend die Auswirkungen des ökonomischen und demographischen Strukturwandels auf die Wohnungsmärkte ab. In den strukturschwachen Gebieten wird der Geburtenrückgang durch Wanderungsbewegungen in seinen Wirkungen verstärkt. Die Folge: Leerstände in vielen Mietwohnungsbeständen in weniger begehrten Wohnlagen. Der GdW hält es für erforderlich, aufbauend auf den Erfahrungen in den neuen Ländern, auch im Westen auf der Basis ganzheitlicher Stadtentwicklungskonzepte realistische Perspektiven für die Siedlungsentwicklung der nächsten Jahre darzustellen. Diese sind eine geeignete Planungsgrundlage für ein aufzustellendes Stadtumbauprogramm West und für die Investitionstätigkeit der Unternehmen, die gerade in den Teilmärkten der westdeutschen Ballungszentren auch die Hauptlast der Integration von Minderheiten tragen. Deshalb bleiben die öffentlichen und kommunalen Wohnungsgesellschaften auch in Zukunft unverzichtbar.Der GdW engagiert sich im Rahmen der Interessenvertretung für alle drei Wohnformen: das Wohnen zur Miete, das Wohnen bei Genossenschaften und das Wohnen im selbst genutzten Eigentum. Der GdW unterstützt daher die Absicht der Bundesregierung und der von ihr eingesetzten Expertenkommission, den Wohnungsgenossenschaften und ihrer Entwicklung in der Zukunft eine größere Bedeutung im Rahmen der Wohnungspolitik beizumessen. Die derzeitigen Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, so z. B. dadurch, dass die Wohnungsgenossenschaften in das System der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge einbezogen werden und ihre Leistungskraft auch durch den geförderten Erwerb zusätzlicher Geschäftsanteile gestärkt wird. An die Stelle des Zulagensystems nach § 17 Eigenheimzulagengesetz muss eine neue Förderung treten, durch die auch die Strukturen in den Quartieren und Städten verbessert werden.Sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition haben sich auf Bundes- und Länderebene zu den Wirkungen und der Effizienz der Eigenheimzulage kritisch geäußert. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll dieser Bereich einen wesentlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Der GdW hat sich für die weitere Förderung der Wohneigentumsbildung ausgesprochen, aber auch Änderungen bei der Eigenheimzulage vorgeschlagen, z. B. zur Gleichbehandlung von Bestandserwerb und Neubau. Die vom Bundestag beschlossene Streichung der Eigenheimzulage ist kontraproduktiv. Dieses Konzept muss verändert und ein großer Teil des Sparvolumens wohnungswirtschaftlichen und damit investitionsfördernden Zwecken wieder zugeführt werden, z. B. zur Entlastung von Altverbindlichkeiten.Vor dem Hintergrund der vorgesehenen Streichung der Eigenheimzulage wird immer deutlicher, dass das modifizierte Entnahmemodell im Rahmen des Altersvermögensgesetzes lediglich eine unvollkommene und unpraktikable Notlösung darstellt. Wohneigentum ist die wichtigste Form der privaten Altersvorsorge. Der GdW fordert daher die Einbeziehung der Wohnimmobilie als gleichberechtigte Vorsorgeform in die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge.Der GdW befürwortet eine Verlagerung von Bundeszuständigkeiten auf Länder und Kommunen. Unterschiedliche Anforderungen und Konzepte der Wohnungs- und Städtebaupolitik vor Ort verlangen flexible Instrumente. Aber: Bund und Länder müssen sich unabhängig davon weiterhin zu ihrer gemeinsamen Finanzierungsverantwortung bekennen und die Mischfinanzierung im Bereich des Wohnungs- und Städtebaus fortführen. Der GdW plädiert dafür, dies bei der Debatte um die Zukunft des Föderalismus zu beachten. Pauschale Lösungen, die auf eine undifferenzierte Abschaffung aller Mischfinanzierungstatbestände hinauslaufen, sind falsch.